Hammer Museumskultur – eine Zeitreise an den Rand des Ruhrgebiets *

(* Dieser Blogpost ist im Rahmen einer Kooperationen mit ruhrkultur.jetzt entstanden. Jeglicher Inhalt dieses Artikels spiegelt aber unsere persönliche Meinung wieder! ☺)

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H A M M

Hamm ist jene Stadt, die viele mit der Bahn passieren, doch nur die wenigsten steigen hier aus oder bloß für die Zeitspanne bis zum nächsten Zug. Dabei lohnt es sich durchaus, hier einen längeren Zwischenstopp einzulegen, um die Stadt zu erkunden.

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Denn natürlich gibt es hier einiges mehr zu entdecken als bloß den Bahnhof

mit seinem Bäcker, dem Kiosk und dem obligatorischen Buchladen. Denn geht man vom Bahnhofsvorplatz nur ein paar Meter geradeaus am eindrucksvollen Gebäude der Stadtbücherei vorbei, bewegt man sich bereits im Kreativ.Quartier Hamm.Mitte, wo sich Kreativschaffende im Austausch mit institutionellen Initiativen für die Zukunft ihrer Stadt einsetzen.

Erst kürzlich wurde hier in Kooperation mit FROH! Labs ein virtueller Stadtrundgang ins Leben gerufen – was nur allzu deutlich zeigt, dass auch eine auf den ersten Blick unterschätzte Stadt durchaus eine Vorreiterrolle einnehmen kann. So schnell kann sich also der erste Eindruck wandeln, wenn man etwas Zeit und Interesse mitbringt:

Auch ist Hamm mittlerweile zur Mural–Hauptstadt in Westfalen mutiert, wie diese Beispiele eindrucksvoll beweisen:

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Hub für Kreativität und immer einen Besuch wert:


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Das Gustav-Lübcke-Museum

Eines der vielseitigsten Museen im Pott!

Hauptziel unserer kurzen Reise in die Stadt am äußersten Rande des Ruhrgebiets ist das Gustav-Lübcke-Museum, wofür wir wieder zum Bahnhofsvorplatz zurückgehen. Hier ist man auf vielfältige Weise der spannenden Vergangenheit auf der Spur: In der Dauerausstellung tauchen wir ein in die Geschichte des alten Ägyptens und sind ein wenig ergriffen vom Abenteuergefühl, das Hollywood bereits so oft in uns geweckt hat. Auf 500 m² erhalten wir einen tiefen Eindruck von dieser faszinierenden Kultur und sehen uns dabei unter anderem einem nachgestellten Tempelbereich und einem echten Sarkophag gegenüber.

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Entdeckergefühl zwischen Sarkophag & Rätselspielen

Sogar eine Mumie gab es einmal – sie ist nur leider im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Dafür erfahren wir, dass Hamm einen eigenen Mumienverein hatte, der Ende des 19. Jahrhunderts gegründet wurde – außergewöhnlich, aber schon irgendwie cool.

Besonders gut gefällt uns, dass auch an die jungen Gäste gedacht wurde. Statt staubtrockener Informationen gibt es für sie eine kleine Expedition durch die Ausstellung, wobei sie auch Rätsel- und Suchspiele lösen müssen. Wir sind leider schon ein wenig zu alt dafür, aber wissen zumindest:
Hierher können wir guten Gewissens gemeinsam mit der Familie kommen.

Allein die Dauerausstellung des Museums ist bereits facettenreicher, als wir erwartet hätten. Denn das alte Ägypten ist nur ein Themenbereich unter sechs – nun gilt es die anderen zu entdecken …


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Kultur- und Stadtgeschichte zum Anfassen

Im Bereich der Archäologie erwartet uns eine kleine Zeitreise von der Steinzeit bis ins Mittelalter. Das Besondere hierbei ist, dass nicht nur Fundstücke ausgestellt werden, sondern auch die Menschen aus verschiedenen Zeiten werden sehr eindrücklich dargestellt – wenn wir uns zum Beispiel plötzlich einem Rentierjäger gegenübersehen oder einem durchaus imposanten Reiterkrieger.

Und nicht nur gucken, sondern auch anfassen darf man hier an sogenannten Hands-on-Stationen, die vor allem für die jungen Gäste eingerichtet wurden. Mit Tontöpfen, steinzeitlichen Werkzeugen und sogar einem Mammutzahn.

Vorgeprägt durch unsere eigene Kindheit, wo das natürlich bei Museumsbesuchen strengstens verboten war, haben wir sofort Spaß daran und sind fasziniert vom unmittelbaren Erleben dieser Zeit, die ja in jeglicher Hinsicht irrsinnig weit entfernt liegt vom digitalen Zeitalter, in dem wir selbst uns bewegen.

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An anderer Stelle kommen wir dann noch näher in Berührung mit jenem Ort, der ausnahmsweise mal zum Ziel statt zur Durchreisestation geworden ist – und zwar in dem Bereich der Dauerausstellung, der sich der Hammer Stadtgeschichte widmet. In einer spannenden Mischung aus Eindrücken erfahren wir mehr über die Stadt, von der Gründung im Jahr 1226 bis heute, und erhaschen viele kleine Einblicke ins Leben der Menschen. Natürlich hat sich so einiges verändert in dieser Zeit und mit diesem Wissen über die vergangenen Entwicklungen fühlen wir uns hier nun fast schon ein bisschen heimisch.


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Mit der RuhrKultur.Card erkunden wir in diesem Jahr die reiche Museums– und Theater–Szene des Potts, und heute ist Hagen an der Reihe.

Bis 31.12.2019 bietet Euch die Karte, die mit dem super–ausführlichen RuhrKultur.Guide daherkommt, jeweils einen freien Eintritt in alle 20 RuhrKunstMuseen und je ein Vorstellungsticket zum halben Preis für alle 11 RuhrBühnen und die Festivalzeiträume der Ruhrtriennale, der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen und der Ruhrfestspiele Recklinghausen.

34 Aktivitäten also in 2019 für extrem faire € 45,00! ☻


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Begegnung mit der Kunst

Nach dem Abstecher in die Historie der Stadt und einen kurzen Gang durch die Ausstellung zur Zeitungsgeschichte nutzen wir die Gelegenheit, um uns noch für ein paar stille Momente der Kunst zu widmen. Dafür sind wir hier genau richtig, denn der Namensgeber des Museums – Gustav Lübcke – war leidenschaftlicher Kunstsammler, der seine persönliche Sammlung zunächst als Leihgabe zur Verfügung stellte und sie mit seinem Tod im Jahr 1925 schließlich ganz dem Museum vermachte. Ihm ist die Abteilung für Angewandte Kunst gewidmet, für die seine Sammlung später noch stark ergänzt wurde – auch durch KünstlerInnen, die sich zunächst dort inspirieren ließen, um davon ausgehend eigene Werke zu schaffen.

Dazu gehört eine lebensgroße Drahtpuppe mit einem Papierkleid ebenso wie ein Teppich aus Glas. In der Ausstellung wird uns auch noch einmal bewusst, wie viele Schnittpunkte es eigentlich gibt zwischen der Kunst und dem alltäglichen Leben – sei es über Porzellan und Keramik oder auch über besondere Möbel.

Dann geht es weiter in den letzten Teil der Dauerausstellung mit dem Schwerpunkt Kunst des 20. Jahrhunderts. Dabei begegnen uns ausgewählte Werke der Klassischen Moderne – unter anderem von Emil Nolde und August Macke.

Während wir uns in den anderen Ausstellungsbereichen in vergangene Zeiten hineindenken durften, können wir hier einfach einen Augenblick verweilen und die Bilder auf uns wirken lassen. Besonders der Expressionismus hinterlässt ja unmittelbaren Eindruck, ohne dass es sich immer gleich in Worte fassen lässt. Und so gönnen wir uns hier einen sinnlichen Gang, auf dem uns schließlich auch eine Reihe westfälischer Werke der Nachkriegszeit erwarten.

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Hoffentlich wurde das Kunstwerk, das HIER hängen müsste, nicht geklaut! :–O

Bis es dann Zeit wird, doch noch ein letztes Mal zur Geschichte zurückzukehren. Und zwar mit der Sonderausstellung „Mythos Germanien“, wo es nun sehr politisch wird.


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„Groß, blond, blauäugig und stark.“

Das Zerrbild der Nationalsozialisten

Das typische Bild des tapferen Germanen wurde vor allem von den Nationalsozialisten geprägt, wie uns in der Ausstellung eindrücklich vor Augen geführt wird. Heute wissen wir ja nur allzu gut, wie geschickt sie darin waren, ihre gefährliche Ideologie in die Köpfe des Volkes zu hämmern – auch und vor allem in der Schule. Unter anderem mit großflächigen Schulwandbildern und Karten, die in der Tat ganz schön Eindruck schinden und bei denen man sich gut vorstellen kann, wie sie damals zu einem Gefühl von Glanz und Gloria verführt haben.

Und nicht nur das: Anhand verschiedener Lehrwerke beweist uns „Mythos Germanien“, dass dieses klug inszenierte Zerrbild des Germanen bis heute nachwirkt. Ganz schön gruselig, denken wir uns, und trotz eindeutiger Ablehnung der Ideologie offensichtlich gar nicht so leicht, sich vollkommen davon zu befreien.

Umso wichtiger, sich das immer mal wieder bewusst zu machen. Und so hinterlässt der Besuch Spuren und gibt uns noch einigen Denkstoff mit auf den Weg.

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Zwischenfazit: Die Zeit hier im Museum ist wirklich wie im Flug verstrichen und es hat sich auf jeden Fall gelohnt.


Essen in klassischer und doch besonderer Atmosphäre – im Denkma(h)l

Bevor wir uns auf den Heimweg machen, gönnen wir uns noch einen kurzen Spaziergang, um unser wohlverdientes Frühabendessen in einem etwas außergewöhnlicheren Restaurant einzunehmen: Das „Denkma(h)l“ wird nämlich von den Maltesern betrieben und bietet jungen Menschen mit seelischen Behinderungen eine Perspektive, indem sie hier ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. In der Lehr- und Trainingsperspektive erhalten sie berufliche Chancen, die sie dankbar nutzen. Wir fühlen uns jedenfalls gut aufgehoben hier und genießen die Freundlichkeit des Personals.

Ansonsten ist die Atmosphäre sehr klassisch und macht einen guten Eindruck. Glücklicherweise sind wir gerade noch rechtzeitig für die günstigen Gerichte von der Tageskarte angekommen – denn für die durchaus noblen Abendgerichte greift man hier schon etwas tiefer ins Portemonnaie.

Uns reicht heute ein einfaches Gericht, wir sind mit dem Schweineschnitzel und dem Mediterranen Gemüseeintopf superglücklich und ziehen schließlich mit einem guten Gefühl im Magen und einer freundlichen Verabschiedung von dannen. An den Abenden kann man hier wohl noch sehr gut Wein trinken, aber das verschieben wir wohl auf ein anderes Mal. Eine Sache müssen wir nämlich noch erledigen …


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Lecker Nachtisch im Veganalina-Café!

Sehr ans Herz gelegt wurde uns nämlich noch das Veganalina-Café in der Nähe des Bahnhofs, wo es richtig leckeren Nachtisch geben soll. Der vegane Lebensstil ist für uns zwar kein Muss, aber wir finden es generell gut – erst recht, wenn es so gut schmeckt.

Doch bevor wir uns hier in kulinarischen Sprachausschweifungen vergehen: Die Bilder sagen wohl mehr als tausend Worte.

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Jetzt sind wir aber wirklich satt und es wird langsam Zeit, die Heimreise anzutreten. Auf dem Rückweg unterhalten wir uns noch ein wenig über unsere Eindrücke und überlegen schon mal, was uns besonders gut gefallen hat. Und um den Ausflug schließlich mit einem Wortspiel zusammenzufassen: Es war schon irgendwie ein Hammer Tag. ☻


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  • Gustav-Lübcke-Museum, Neue Bahnhofstr. 9, 59065 Hamm
    Website
    Öffnungszeiten: DI–SA von 10–17 Uhr und 17–21:30 Uhr und SO von 10–18 Uhr

  • Denkma(h)l, Ostenallee 73, 59063 Hamm
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    Website
    Öffnungszeiten: MO von 12–14 Uhr, DI–FR von 12–14 Uhr und 18–23 Uhr und SA von 18–23 Uhr

  • Veganalina-Café, Südstr. 19, 59065 Hamm
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    Website
    Öffnungszeiten: DI–SA von 12–19 Uhr und SO von 10–19 Uhr